Ausgabe 02 - 1999berliner stadtzeitung
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Mädchen bemalen die Auguststraße

Der Mädchentreff BAFF e. V. befüchtet seine Schließung

Seit 1994 gibt es in Mitte den Mädchentreff des BAFF e.V. für Mädchen zwischen 10 und 13 - die sogenannten "Lückekinder", die für den Hort in der Grundschule zu alt, für die Jugendclubs des Bezirks aber zu jung sind. Zunächst befand er sich im Nachbarschaftszentrum in der Strehlitzer Straße mit zwei ABM-Kräften, seit März ist er 1997 mit zwei festen Stellen in eigenen Räumen in der Auguststraße 71 angesiedelt. BAFF e.V. ist die Abkürzung für "Bauen Für Frauen" und betreibt den Treff in dem einem eigens dazu geschaffenen Laden in dem mit Selbsthilfeförderung ausgebauten Haus. Seit Anfang 1999 muß der Treff jedoch nur noch mit einer festen Stelle auskommen: der Bezirk verfügt über immer weniger Finanzmittel, der Jugendhilfeausschuß hat sich entschieden, im Mädchentreff zu kürzen.

Das stößt hier natürlich nicht auf Gegenliebe. Mit nur einer festen Stelle wird die Arbeit schwerer - der Treff ist stärker auf ehrenamtliche Mitarbeit und Honorarkräfte angewiesen. Eine Stelle gekürzt heißt aber auch "Auslaufmodell" - so fürchtet Karen Agthe, die letzte fest angestellte Erzieherin, so fürchtet aber auch Andrea-Maria Spaett, eine Künstlerin aus der Spandauer Vorstadt, die sich bei BAFF e.V. ehrenamtlich engagiert. Direkt neben dem Mädchentreff befindet sich nämlich mit "No Way Alter" bereits ein Schülerladen, der eine ähnliche Altersgruppe anspricht und auch vom Bezirk finanziert wird. Was läge da näher, als bei der herrschenden Finanznot den Mädchentreff abzuwickeln - die Mädchen könnten ja schließlich auch in den gemischtgeschlechtlichen Schülerladen gehen. "Das machen die aber nicht" meint Karen Agthe, "sie wollen in diesem Alter häufig nicht mit Jungs zusammen sein. Die Mädchen brauchen ihren geschützten Raum für sich, in dem sie sich nicht gegenüber den Jungs behaupten müssen und ihre eigenen Regeln entwickeln können." Auf dem benachbarten Fußballplatz beispielsweise sähe man fast immer nur Jungs - Mädchen trauten sich nicht, hier Fußball zu spielen, da sie von den Jungs ausgelacht würden. Räume, in denen Mädchen in ihrer Freizeit ihre Bewegungsabläufe einüben könnten, etwa durch tanzen, gebe es dagegen nur wenig. Gerade in der Altersgruppe, um die es dem Treff in erster Linie geht, gibt es tatsächlich wesentlich mehr Angebote für Jungs etwa in Sportvereinen oder auf den Bolzplätzen im Kiez.

Die Mädchen, die den Treff in ihrer Freizeit nützen kommen überwiegend aus der Spandauer Vorstadt. Rund die Hälfte davon aus Familien mit geringem Einkommen. In letzter Zeit kommen vermehrt auch jüngere hinzu, zum Teil mit ihren älteren Geschwistern, zum Teil aber auch weil sich die Eltern die Gebühren für den Hort in der Grundschule nicht mehr leisten können. Der Mädchentreff leistet daher auch mehr als nur die Freizeitgestaltung von Kindern zu organisieren. Gesprächs- und Beratungsangebote, auch die Herstellung von Kontakten zur Jugend- und Familienhilfe gehören genauso zum Aufgabenfeld des BAFF e.V.. Zentral ist aber als Ansprechpartner und Ansprechender zur Verfügung zu stehen - vor allem in den Ferien ist das wichtig, da stehen häufig die Mädchen schon vor der Tür und warten, bis der Treff endlich aufmacht. Fahrten gehören gleichfalls zum Programm, genaus wie die regelmäßige Übernachtungen im Treff, bei denen die Räume kurzerhand in ein Matrazenlager verwandelt werden.

Damit das so bleibt und die Mädchen auch weiterhin in der Auguststraße bleiben können, organisiert Andrea-Maria Spaett am Wochenende 6. und 7. März das Projekt "Maroya" - eine große Malaktion. Eine Seite des Bürgersteigs der Auguststraße soll komplett bemalt werden - mit umweltfreundlichen Pigmentfarben natürlich. Damit soll für den Erhalt des Mädchentreffs demonstriert werden und auf die vielen ähnlichen Mädcheneinrichtungen, die bereits schließen mußten hingewiesen werden. Die Auguststraße soll zudem nicht nur als Galerienmeile und Kulturstandort wahrgenommen werden, sondern eben auch als Ort, an dem Mädchen leben und ihre Bedürfnisse haben. Alle Mädchen werden aufgerufen, sich mit ihren Freundinnen und Schwestern die Farbe und den Pinsel bei BAFF in der Auguststraße 71 abzuholen und sich zwischen 11 Uhr und Sonnenuntergang über die insgesamt 850 Meter Bürgersteig herzumachen. Bei Regen wird die Aktion um eine Woche auf den 13./14. März verschoben. Genauso hoffen die Initiatorinnen des Spektakels auf die Unterstützung von Trommlerinnen, Feuerspuckerinnen, Künstlerinnen, Performerinnen und Texterinnen, um dem ganzen einen festlichen Charakter zu verleihen. Ebenfalls werden noch Spenden benötigt - vor allem Pinsel, Straßenkreide und wasserlösliche Farbe, sowie Geld.

Am Frauentag, dem 8. März findet im Rathaus von Mitte in der Karl-Marx-Allee hinter dem Kino International eine große Ausstellung über Mädchenarbeit statt, auf der auch der Mädchentreff mit Fotografie, Siebdruck, einer Skulptur und einem Videofilm vertreten ist.
Christof Schaffelder

Kontakt: BAFF e.V., Auguststr. 71, 10117 Berlin, fon: 2821130, fax 28598978 internet: http://www.zukunftsbau.de/baff.htm, e-mail: baff@zukunftsbau.de

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  Ausgabe 02 - 1999