Ausgabe 18 - 1998berliner stadtzeitung
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Verwaltung des Mangels

Der Haushaltsplan von Mitte sieht für 1999 empfindliche Einschnitte vor

Mit knappem Vorsprung war der Bezirk Mitte in diesem Jahr Erster. Schon im Juli mußte Finanzstadtrat Jens-Peter Heuer eine Haushaltssperre verhängen. Andere Bezirke waren aufgrund der dramatischen Finanzlage kurze Zeit später zum gleichen Schritt gezwungen.

Abgesegnete Bleistifte

In Mitte waren die Einnahmen des Bezirks hinter den Schätzungen des Haushaltsplans zurückgeblieben. Nach der Verhängung der Haushaltssperre wurde bis Ende August zwar eine Million Mark weniger ausgegeben, doch der Rückgang auf der Einnahmenseite ging unvermindert weiter. So werden auch bis zum Jahresende alle bezirklichen Ausgaben abgesegnet werden müssen - bis hin zur sprichwörtlichen Anschaffung jedes einzelnen Bleistifts. Im Prinzip könne man das Jahr 1999 gleich am 1. Januar mit einer neuen Haushaltssperre einläuten, orakelte Heuer. Doch eine solche Situation soll im nächsten Jahr nach Möglichkeit ganz vermieden werden. Der Haushaltsplan für den Bezirk Mitte, der am 10. September in der BVV beschlossen wurde, sieht daher tiefe Einschnitte vor. Die Einnahmeschätzung für 1999 ist deutlich vorsichtiger. Daher mußten in allen vom Bezirk steuerbaren Ausgabefeldern Kürzungen vorgenommen werden. Das Ausgabevolumen ist mit 268 Millionen Mark um mehr als 30 Millionen geringer als 1998.

Festes Schuhwerk gefragt

Am härtesten ist davon der Baubereich betroffen. Die Mittel für die bauliche Unterhaltung im Hochbau sind von 14,9 Millionen (1998) auf 6,8 Millionen Mark gekürzt worden. Die Tiefbauunterhaltung muß mit nur einer Million auskommen - statt 4,2 Millionen im laufenden Jahr. Die gravierenden baulichen Mängel an Mittes Schulen können damit nicht annähernd behoben werden. Beim Tiefbau kann statt einer planmäßigen Instandhaltung der Straßen nur noch Gefahrenabwehr betrieben werden. Die Liste der unmittelbar nötigen Gehweg- und Fahrbahnreparaturen, die nicht in die Investitionsplanung aufgenommen werden konnten, ist anderthalb Seiten lang. Lediglich zur Grünflächenunterhaltung stehen in etwa die gleichen Gelder zur Verfügung wie 1998, auch diese sind allerdings nicht ausreichend. Für die Erarbeitung von Bebauungsplänen wurden zusätzlich 375000 Mark veranschlagt. Damit wird die Linie des neuen Baustadtrats Flierl verfolgt, schnell verbindliches Baurecht zu schaffen. Dieser Betrag soll durch Vermietungen und Verpachtungen gegenfinanziert werden. Der Bezirk geht davon aus, auch 1999 die Kongreßhalle am Alexanderplatz vermieten zu können und rechnet dabei mit Einnahmen von einer Million Mark.

Freie Träger ungeschoren

Ungekürzt läßt der Haushaltsplan nur die Zumessung für Lehr- und Lernmittel sowie für die Förderung freier Träger, die zusammen 36 Projekte in den Bereichen Jugend, Soziales und Gesundheit betreiben. Der mit Abstand größte Haushaltstitel sind die Personalausgaben mit 115,8 Millionen Mark. Diese Position konnte nicht wesentlich gesenkt werden, da es dem Bezirk nicht gelang, den Personalüberhang stellenplanmäßig abzubauen. Daher ist schon abzusehen, daß die Personalkosten 1999 überschritten werden. Das Haushaltsrisiko beträgt dabei etwa 15 Millionen Mark. Von den 268 Millionen Mark sind 212 Millionen durch Zuweisungen des Senats gedeckt. Die übrigen 56 Millionen muß der Bezirk selbst erwirtschaften. Die Möglichkeiten dazu sind jedoch sehr beschränkt. Das Bezirksamt bemüht sich zur Zeit, die Gebühren für Sondernutzungen des Straßenlandes - etwa durch Baustelleneinrichtungen oder Straßencafés - effizienter einzutreiben. Auch die Übertragung der Parkraumbewirtschaftung auf den Bezirk könnte ihm jährlich etwa drei Millionen Mark Einnahmen bringen. Anders als in den anderen Bezirken behält der Senat in Mitte jedoch das einträgliche Pilotprojekt weiterhin in seinen Händen und streicht die Überschüsse selbst ein.

Liegenschaftsfonds umstritten

Den vom Senat geplanten Liegenschaftsfonds, mit dem der Verkauf landeseigener Grundstücke zentral gesteuert werden soll, lehnt Finanzstadtrat Heuer vehement ab. Zumindest für den Bezirk hätte dieses Vorgehen keinen Nutzen. Ebenso betrachtet er das "Sale-and-lease-back"-Modell, das derzeit für Schulen diskutiert wird, mit Skepsis. Der Verkauf der Schulen bringt zwar kurzfristig Geld in die Kassen, die Wiederanmietung hat dann aber stetige Ausgaben zur Folge. Wer diese Leasingraten dann zahlen soll, ist auch noch völlig unklar.

Jens Sethmann

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