Ausgabe 11 - 1998berliner stadtzeitung
scheinschlag

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Musik für die Massen

Es hat gar keinen Sinn, dagegen anzugehen. Wenn Sommer, dann Sommer und wenn Sommer dann gute Laune, Stimmung, Fußball und Musik.

Letzteresgibt´s bei Los Banditos - "Beatclub" - Weser Label / Indigo in Form von Baggerseesurftrash, der twangt und rumorgelt wie seit den Shadows und Dick Dale Anfang der 60er gar nichts mehr. Und erst die Tracktitel - eine repräsentative Auswahl: "Zwischenfall im Orbit", "Unbekannte wilde Frau", "Haie am Badestrand" und "Rebell der Liebe". Richtig genial aber erst, weil erschlagend simpel: "Sex" und "Heroin" - andere Bands müssen ihre Songs "Is that a fish on your shoulder or are you just pleased to see me?" nennen, um ähnlich genial zu sein. Jetzt könnte man natürlich kalauern, diese Platte klänge tatsächlich wie Sex auf Heroin. Tut sie wahrscheinlich auch.

Als Häppchen zwischendurch, Strandsnack oder zum Prosecco, landet Hans Platzgumer & Divinités Irritées Present - "Fingerfood" - Disko B / EFA auf der Gabel. Der Hansi als Goldene-Zitronen-Mitkämpfer scheint sich vorgenommen zu haben, in Sachen elektronischer Musik keine Grenzen, Schubladen und Ängste zu kennen. Ihm schmeckt alles. Ob Jamaican Meat Patties, Chicken Peng-Peng oder Mint Condition Lamb Cakes - jede Küche kann so ihre Reize haben, alles muß mal probiert werden. Mit Gerhard Potuznik aus der stets hippen Wien-Electronic-Connection und Michael Sauer vom Mojo Club in Hamburg hat er seine Rezepte ausgetauscht. Mmh, House auf Elektro, mit etwas Funk und hier noch ein wenig Techno. Ist was für Gourmets. Etwas Salz, ähh, Drum & Bass fehlt vielleicht.

Nach dieser Platte sind wir voll. Jetzt etwas ruhen und die schwüle Abendstimmung genießen. Lemongrass - "Drumatic Universe" - Incoming!/RTD kommt da gerade recht. Ist zwar durchaus Warmduscher-Musik, aber Klinsi hat die bestimmt nicht in seinem Reisegepäck. Drum & Bass wie dieser hier ist das genaue Gegenteil von dark steppendem Neofunk, der rumpelt bis du Zappelphilip heißt. Gelassen, cool und mit Übersicht - also so wie die deutschen Kicker eben nicht - hat Roland Voss als Kopf von Lemongrass und ehemaliger Jazz-Schlagzeuger aus Drum & Bass Pop werden lassen.

Eine richtige Überraschung ist Sean Lennon mit "Into The Sun" - Grand Royal / Virgin gelungen. Irgendwie hat er den Anschluß an der Welt hipste Band, die Beastie Boys, gefunden. So landete die Platte von Ono/Lennon-Sohn auf "Grand Royal", dem Label der Beasties - und gehört auch darauf. Klingt natürlich schon manchmal wie Papa, meist aber lassen eher die Beach Boys grüßen und cool-brasilianische Stimmung wie bei "The Girl From Ipanema" verbreitet nicht nur der Sad-Folk-Track "One Night". Aber auch die Wahnsinnigen-Indie-Darlings Ween scheint Sean zu mögen. "I step into my Spaceship, I´m on my way home" - solche Sätze begleitet auch das genannte Freak-Duo gerne mit Popschmalz, jenseits von Beatles und böse. Strawberry Sean Forever!

Andreas Hartmann

© scheinschlag 2000
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  Ausgabe 11 - 1998