Ausgabe 01 - 1998berliner stadtzeitung
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Genaue Prüfung lohnt sich

Wieder mal Mieterhöhungen im Briefkasten

In diesen Tagen werden in zahlreichen Briefkästen wieder einmal Mieterhöhungen liegen. Das erste Mal jedoch gilt in ganz Berlin das gleiche Miethöhegesetz - die gesetzlichen Sonderregelungen für den Ostteil sind zum Jahreswechsel ausgelaufen. Das heißt allerdings nicht, daß in Berlin West und Ost dieselben Mietgrenzen herrschen - der gesondert erstellte Mietspiegel Ost sorgt auch hier dafür, daß weiterhin mit zweierlei Maß gemessen wird. Besonders benachteiligt sind davon Mieter in rekonstruierten Ost-Altbauten - die müssen mit einer schrittweisen Anpassung ihrer Mieten an die von privat modernisierten Wohnungen rechnen, deren Preis deutlich höher als in Westberlin ist. Fraglich ist, ob solche Mieten angesichts der zurückgehenden Realeinkommen und der steigenden Arbeitslosigkeit tatsächlich durchsetzbar sind - die Vermieter, allen voran die hoch verschuldeten Ost-Wohnungsbaugesellschaften, werden jedoch alles daran setzen, die gesetzlich möglichen Höchstmieten durchzusetzen.

Die meisten der Mieterhöhungen werden wohl im Januar abgeschickt und zum 1. April 1998 datiert sein. Der Gesetzgeber verlangt mindestens zwei volle Kalendermonate Bedenkzeit für den Mieter, der Erhöhung zuzustimmen. Tut er das nicht, so hat der Vermieter seinerseits wiederum zwei Monate Zeit, den Mieter auf Zustimmung zu verklagen. Wenn der Mieter in der gegebenen Frist weder zustimmt noch widerspricht, muß er mit einer Klage des Vermieters rechnen. Es ist also angebracht, die Mieterhöhungserklärung genauer zu prüfen und zu entscheiden, ob man sie ganz anerkennt, nur teilweise anerkennt oder ihr widerspricht. Gleichfalls sollte man überlegen, ob Gründe zur Mietminderung vorliegen, denn bei Mieterhöhungen lebt das Recht zur Mietminderung wieder auf, das man einbüßt, wenn man einen Mangel an der Wohnung zu lange duldet. Zudem hat der Mieter bei Mieterhöhungen ein Sonderkündigungsrecht. Bei den "normalen" Mieterhöhungen nach ¤2 MHG ist der Mieter berechtigt, bis zum Ablauf des zweiten Monats, der auf den Zugang des Mieterhöhungsverlangens folgt, für den Ablauf des übernächsten Monats zu kündigen. Fachlichen Rat können sich Mitglieder von Mieterorganisationen natürlich in den Beratungsstellen ihrer Organisationen einholen.

Grundsätzlich müssen jedoch bestimmte Bedingungen vorliegen, damit der Vermieter die Zustimmung zur Mieterhöhung verlangen kann.

1. Einjahressperrfrist - Die Grundmiete muß mindestens seit einem Jahr unverändert sein. Ausnahmen bilden lediglich Erhöhungen der Betriebskosten, von Kapitalkosten oder aufgrund durchgeführter Modernisierungsmaßnahmen. Andere Erhöhungen - etwa die Erhebung von Beschaffenheitszuschlägen oder die Erhebung von Untermietzuschlägen - lösen nach Auffassung der Mieterorganisationen dagegen die Einjahressperrfrist aus. Diese Frist beginnt mit der Wirksamwerdung der letzten Mieterhöhung und bezieht sich auf den Zeitpunkt des Zugangs der neuen Mieterhöhung. Wurde die Miete zum Beispiel letztmalig zum 1. Februar 1997 erhöht, so kann eine neue Erhöhung also frühestens im Februar 1998 zugestellt und ab 1. Mai 1998 geltend gemacht werden. Hält sich der Vermieter nicht an die Frist, kann der Mieter die Mieterhöhung in Gänze ablehnen.

2. Kappungsgrenze - Die Grundmiete (also die Miete ohne Betriebskosten und ohne Wärmekosten) darf innerhalb eines Zeitraumes von drei Jahren um maximal 20% bzw. 30% steigen. Dabei gilt die 30%ige Kappungsgrenze generell für Wohnraum, der ab dem 1.1.1981 fertiggestellt wurde, sowie darüber hinaus für älteren Wohnraum, wenn die Miete dort weniger als 8,00 DM/qm beträgt. Die 20%ige Grenze gilt entsprechend für älteren Wohnraum mit Mieten über 8,00 DM/qm. Ausschlaggebend ist die Miete, die drei Jahre vor dem Wirksamwerden des Mieterhöhungsverlangens gezahlt wurde. Lag diese damals unter 8,00 DM/qm, gilt bei älterem Wohnraum zwar die 30%-Kappungsgrenze, allerdings darf die Miete nur bis zu maximal 9,60 DM/qm (also 8,00 DM plus 20%) steigen.

Ein Beispiel: Eine Altbauwohnung von 100 qm kostet im Januar 1998 630 DM nettokalt. Der Vermieter verlangt mit Schreiben vom 15. Januar ab 1. April eine Miete von 680 DM/qm. Die Miete am 1. April 1995, also drei Jahre vor dem Wirksamwerden der aktuellen Mieterhöhungen, betrug aber nur 500 DM. Sie wurde seitdem am 1. August 1995 um 75 DM (15%), sowie am 1. Januar 1997 um 55 DM (5% + 0,30 DM/qm Beschaffenheitszuschlag) erhöht. Der jetzt geforderten Mieterhöhung auf 680 DM braucht der Mieter nicht in voller Höhe zuzustimmen. Die Kappungsgrenze von in diesem Fall 30% bezieht sich auf die Grundmiete von 500 DM vom 1.4.1995. Daher darf jetzt die Miete maximal auf 650 DM angehoben werden.

3. Begründungspflicht (Mietspiegel) - Die geforderte Miete darf die "ortsübliche Vergleichsmiete" nicht überschreiten. Der Vermieter muß die Mieterhöhung dahingehend begründen. Dabei kann er sich auf den örtlichen Mietspiegel, ein Sachverständigengutachten oder die aktuellen Mieten in drei Vergleichswohnungen berufen. In Berlin gelten allerdings im allgemeinen die Werte des Mietspiegels - so vorhanden - als verbindlich (Ausnahmen: Ein- und Zweifamilienhäuser, Reihenhäuser, Neubauwohnungen ab 1.1.1997 und preisgebundene, öffentlich geförderte Sozialwohnungen). Begründet der Vermieter etwa die Mieterhöhung mit Vergleichswohnungen und liegt der Preis über dem entsprechenden Mietspiegelwert, so kann der Mieter sich auf ein Überschreiten der ortsüblichen Vergleichsmiete berufen. Die Berliner Gerichte ermitteln diesen Wert im allgemeinen auf Grundlage des Mietspiegels.

Beruft sich der Vermieter auf den Mietspiegel, muß er hier ein konkretes Rasterfeld nennen. Diese Felder unterscheiden sich hinsichtlich des Baujahrs, der Austattung und der Lage der Wohnung. Der Mieter sollte also zunächst prüfen, ob das Rasterfeld korrekt gewählt ist. Wesentlich schwieriger dagegen ist die Einordnung der Vergleichsmiete in die im Mietspiegel angegebene Mietpreisspanne. Die geht vor allem bei rekonstruierten Altbauwohnungen mit Bad und Sammelheizung extrem auseinander. Um den korrekten Wert zu ermitteln, ist es unerläßlich, das von der Senatsbauverwaltung herausgegebene Mietspiegelheft eingehend zu studieren (erhältlich u.a. in den Wohnungsämtern, Bürgerberatungsstellen und bei den Mieterorganisationen). Hierin befindet sich eine offizielle Checkliste, nach der man diese Einordnung vornehmen kann. Dabei werden in vier Bereichen jeweils positive und negative Eigenschaften der Wohnung benannt. Dabei kommt es darauf an, ob im jeweiligen Bereich die positiven oder die negativen Bereiche überwiegen, bzw sich gegenseitig aufheben.

Stellt sich etwa heraus, daß in allen vier Bereichen die positiven Eigenschaften überwiegen, so gilt der Oberwert der angegebenen Preisspanne. Überwiegen die positiven Eigenschaften etwa nur in zwei Bereichen, die negativen in einem Bereich und heben sich positive und negative Eigenschaften in einem Bereich auf, so liegt der korrekte Wert leicht über dem Mittelwert: um genau ein Viertel der Preisspanne zwischen Mittel- und Oberwert. Zu beachten ist, daß Eigenschaften, die der Mieter bei Abschluß des Mietvertrages nicht vorgefunden, sondern selbst hergestellt hat (etwa die Fliesen im Bad) nicht als positive Werte im Sinne des Vermieters gewertet werden dürfen.

Leider sind die Kriterien dieser Einordnung so gewählt, daß im allgemeinen die positiven Werte überwiegen, die korrekte Einordnung der Wohnungen also zumeist im oberen Bereich stattfindet. Hier liegt offensichtlich der größte Schwachpunkt im Mietspiegelsystem: Zwar wird hier die statistisch auf dem Wohnungsmarkt erzielte Preisspanne zugrunde gelegt, die Kriterien zur genauen Einordnung spiegeln aber längst nicht mehr die tatsächlichen Gegebenheiten. So ist es etwa unverständlich, warum allein die Tatsache, daß der Vermieter einer unabhängigen Firma gestattet hat, einen Kabelanschluß zu verlegen, den Vermieter zur Mieterhöhung berechtigen soll - die entsprechenden Kosten trägt schließlich ausschließlich der Mieter. Die Mieterorganisationen sollten sich bei der Erstellung des nächsten Mietspiegels daher für eine grundsätzliche Überarbeitung diese Checkliste einsetzen.

Christof Schaffelder

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